Pilgerreisebericht von La Spezia nach Rom

14.06.2009 bis 14.07.2009 auf der Via Francigena

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pilgerin-vom-bericht14.06.09 Kradolf 7.30 Uhr
Der Abschied von meinen Liebsten war schwer! Noch nie in meinem Leben musste ich weinen, wenn ich gegangen bin - heute war es soweit! Mir ist gar nicht klar, dass ich nun „mal weg bin". Zu stark noch die Emotionen vom Geschenk von John und Abschied.
Kradolf

Freue mich aber auch auf die Zugfahrt, Landschaften beobachten und meinen Gedanken nachhängen.
Bin um ca. 12.00 Uhr in Mailand angekommen und musste noch ein Billett holen und die Reisezeiten für die Weiterfahrt nach La Spezia und dann noch nach Massa di Marina herausfinden, wo ich übernachten will und mein Abenteuer beginnen soll.

14.06.09 Massa di Marina 19.45 Uhr
Bin an meinem Ausgangspunkt angekommen. Hab mir erlaubt, ein Taxi bis zum Strand zu nehmen. Überhaupt will ich nicht vergessen, dass ich ja auch noch Ferien machen will, soll heissen, dieses ganzen Abenteuer auch geniessen darf ☺
Hab einen Pilgerunterkunft auf einem Campingplatz gefunden. Naja..für wenig Geld ein kleines Zimmer mit 2 Kajütenbetten drinnen. Zum Glück bin ich die einzige Pilgerin diese Nacht, wäre schon einwenig unangenehm, in so einem kleinen Zimmer mit fremden Menschen zu sein.
Nun sitze ich am Meer, geniesse den Sonnenuntergang und bin gefühlsmässig aufgeregt und gespannt auf das, was noch kommen mag. Werde morgen früh, sobald ich wach bin loslaufen, ich denke, es könnte noch schnell einmal heiss werden. Massa die Marina
15.06.09 Massa di Marina
Ich bin um 5.00 Uhr aufgestanden und um 6.30 Uhr losgelaufen. Es war herrlich, so in den Morgen hineinzulaufen. Bin dann vom Meer landeinwärts gelaufen und mir nach einer Stunde Fussmarsch erst einmal einen feinen Cappuccino gegönnt. Die Leute schauen mich mit Rucksack und Wanderschuhen etwas ratlos an und es scheint mir, als wissen sie nicht recht, wie sie mich einordnen sollen.
15.06.09 / 09.30 Uhr
Schnell ging es dann aufwärts und schon bald waren die ersten 10 Kilometer gemacht! Habe relativ spät eine Wegmarkierung von Via Francigena (VF) gesehen und bin froh, dass ich noch eine andere Karte dabei habe. Sitze jetzt gerade in irgendeinem Dorf und hab endlich wieder Wasser, nachdem ich mein weniges fortgeleert habe, da ich an einer Quelle nachfüllen wollte und zu spät gemerkt habe, dass es kein Trinkwasser ist. Werde noch was Kleines essen und dann weitergehen.
Ich laufe und laufe stetig bergauf und einmal merke ich, dass die Burg, die ich eigentlich umlaufen sollte, weit weg von mir ist. Oje, verlaufen!! Und ich bin jetzt sicher schon 2 Stunden am aufwärts laufen und jetzt muss ich alles wieder nach unten! Ich spreche eine Frau an, die überraschenderweise Deutsch spricht und sie bestätigt mir, dass mein Ziel Pietrasanta, an einem ganz anderen Ort ist. Ich habe mich schon gewundert, warum ich keine Wegweiser von VF gesehen habe! Da ich ziemlich kaputt bin, frage ich sie, ob sie mich ein Stück mitnimmt. Sie willigt ein und im Laufe der Fahrt bietet sie mir spontan an, mich gleich nach Pietrasanta zu fahren. Ich nehme das Angebot dankend an, da ich ziemlich kaputt bin. Am Ziel angekommen überlege ich mir, ob ich nicht gleich noch nach Camaiore weiterlaufen soll, da es nur gerade noch 8 Km sind. Bis jetzt gelaufene Km: 13
15.06.09 / 18.15 Uhr / Camaiore
Bin dann doch noch nach Camaiore gelaufen. Es war drückend heiss und nachdem ich meine Etappenkarte verloren hatte und mich nochmals verlaufen habe, musste ich meine Strategie ändern. Ich kam zur Einsicht, dass ich meinen Blick öffnen muss und achtsamer meinen Weg gehen. Es hat genug Zeichen der Via Francigena am Wegesrand, ich muss nur besser schauen und mich nicht auf die Karte fixieren. So bin ich dann ohne weitere Zwischenfälle nach Camaiore gekommen. Dort fand ich das einzige Hotel was es gab. War ich froh um eine Dusche und etwas ausruhen! Auf dem Weg hierher habe ich entschieden, nicht in Pilgerunterkünften zu übernachten. Ich möchte nach einem anstrengenden Tag meine Ruhe haben und nicht das Zimmer mit fremden Leuten teilen müssen.
Somit konnte ich meinen Schlafsack und die Matte wieder in die Schweiz schicken lassen. Dies wiederum war ein kompliziertes Unterfangen. Ich verstand kein Wort auf der Post und der Postbeamte nervte sich tierisch darüber, zumal er das Arbeiten auch nicht gerade erfunden hatte. Er fragte mich immer wieder neue Sachen und ich bedeutete ihm, dass ich nichts verstehe. Zum Schluss drückte er mir einen Zettel in die Hand, den ich ausfüllen sollte. Super, kein Wort darauf verstand ich! Dann ging ich zum Rathaus, weil ich wusste, dass dort eine Frau arbeitet, die etwas Deutsch sprechen kann. Bei meiner Ankunft in Camaiore holte ich mir dort einen Stempel für meinen Pilgerpass. Zusammen mit ihr füllten ich den Zettel soweit es ging aus und sie wäre sogar mit auf die Post gekommen, hatte leider aber keine Zeit. So bin ich mit dem ausgefüllten Talon wieder zurück, doch dieser Beamte war immer noch nicht zufrieden! Erst als ich mit Kleber meine Adresse aufs Packet gedrückt hatte, nahm er es an. Bin mal gespannt, ob ich dieses Packet jemals wieder sehe..
Auf alle Fälle bin ich froh um weniger Gepäck, mein Rücken, der sehr schmerzt, wird es mir danken.
Tagesdaten: 20 km / 7 ½ Std.
16.06.09 / 16.55 Uhr / Lucca
Ich bin gestern ziemlich kaputt und früh eingeschlafen, sodass ich heute um 4.30 Uhr schon wieder wach war und um 5.30 Uhr losgezottelt bin. Ich kam gut vorwärts, musste leider viel auf der Hauptstrasse laufen, aber zum Glück hat es um diese Zeit noch wenig Verkehr.
Heute finde ich die Zeichen der VF sehr gut, bis mich die Wegmarkierungen zu einem Haus führen, wo mir ein bellender und nicht wenig aggressiver Hund entgegenkommt. Ich versuche ihn zu beschwichtigen und gehe langsam zurück. Nur keine Angst zeigen, Maya! Ich sehe aber kein Zeichen, wo der Weg anders hinführen soll, habe ich vorher schon wieder was übersehen? Ich überquere den Fluss, der gleich nebenan fliesst. Zum Glück finde ich gleich eine Stelle, wo das möglich ist. Laufe nun halt wieder der Hauptstasse nach. Nach einem Aufstieg sehe ich, dass dies ein guter Entscheid war, ich finde wieder Zeichen des Pilgerweges.
Heute ist der Weg beschwerlich. Es geht viel aufwärts, oft auf der Hauptstrasse und ohne Schatten. Meine Beine tun weh, ich habe mich noch nicht ans Gewicht vom Rucksack gewöhnt. Versuche öfters die Haltung zu ändern, da mir abwechselnd was anderes weh tut.
Als ich dann morgens um ca. 7.30 Uhr in einem kleinen Dorf eine Rast mache, kommt ein alter Mann mit Hund auf mich zu und sagt mir, er hätte ein „petit Hotel" für Pilger, es wäre zwar sehr klein, aber gemütlich. Ich bedanke mich, gebe ihm aber gleichzeitig zu verstehen, dass mein Ziel Lucca sei. Das ganze kommt mir schon etwas komisch vor, fragt er mich doch morgens um 8 ob ich einen Unterkunft will??
Ich gehe dann meinen Weg und merke aber immer mehr meine Beine. Die Pausen zwischen den Wanderungen werden immer kürzer, da meine Oberschenkel zu brennen beginnen. Vom Rucksack schmerzt ein Muskel sehr heftig, sodass ich ihn manchmal nur um ein Schulternteil trage, was aber auch leider zu einer schlechten Haltung führt.
Als mich vorhin der Hund bedrohte, habe ich kurze Zeit später einen super Stock gefunden, den ich erst wieder wegwerfen wollte, sich aber schlussendlich als gute Gehilfe entpuppte. Falls er mir lästig wird, kann ich ihn immer noch wegwerfen.
So kam ich langsam aber sicher immer näher an Lucca. Ich war völlig fertig und beim ersten B&B das ich fand, nahm ich gleich ein Zimmer, obwohl es 50 Euro kostete. Habe geduscht und mich erstmal ausgeruht. Als ich mich aufs Bett lag, taten mir meine Beine und Füsse wirklich sehr weh, wusste gar nicht recht, wie ich liegen soll. Diese Schmerzen sollten mich auf der ganzen Wanderung, immer wenn ich das erste Mal auf dem Bett lag, begleiten.
Als ich aufwachte, dachte ich erst, ich könne nicht mehr aufstehen, geschweige denn laufen. Am liebsten wäre ich gleich liegen geblieben, aber das wäre doch etwas früh gewesen. Nachdem ich meine müden Beine einigermassen wieder eingelaufen hatte, ging ich die Stadt besichtigen. Werde morgen einen Tag aussetzen. Muss unbedingt meine Beine schonen, sonst komme ich nicht mehr weit.
Tagesdaten: 23 km / 8 Std.
17.06.09 Lucca
Die Pause, die ich heute eingelegt habe, war wirklich nötig! Bin um 6.30 Uhr aufgewacht, aufgestanden und das schöne Städtchen Lucca ohne Touristenströme angeschaut. Suchte für diese Nacht ein billigeres Hotel, was ich dann auch ausserhalb von Lucca gefunden habe. Den Rest vom Tag verbrachte ich mit Briefe und Ansichtskarten schreiben oder in einem Kaffee sitzend Touristen beobachten. Eigentlich wollte ich am nächsten Tag auch wieder sehr früh los, aber der Besitzer des 2. Hotels überzeugte mich, ich solle den Tag mit einem von ihm gemachten Cappuccino beginnen.
Lucca
18.06.09 Altopascio
Hab heute Morgen wirklich erst einen feinen Cappuccino getrunken und bin dann um 7.00 Uhr losgewandert. Heute war es einigermassen ruhig auf den Strassen und zum Glück hatte es einen Radstreifen und somit genug Platz für mich und die Auto- oder Lastwagenfahrer. Machte nur eine kleine Wanderung und kam relativ früh in Altopascio an. Die Frau von der Tourismusinformation half mir, eine Unterkunft zu suchen und nach duschen und ausruhen schaute ich mir das Städtchen an, was mich aber gerade nach Lucca nicht gerade aus den Socken haute.
Tagesdaten: 22 km / 5 ½ Std.
Freitag, 19.06.09 / San Miniato
Bin heute wieder um 5.00 Uhr los und es ist einfach herrlich, so in den Morgen zu laufen. Um diese Zeit hat es wenig Verkehr, es ist noch nicht so heiss und allgemein ist einfach noch Ruhe in der Umgebung. Heute war der Weg sehr angenehm, da ich wenig auf Asphalt laufen musste. Das merke ich sofort in den Beinen, kann viel länger laufen ohne dass mir die Füssen wehtun. Ich glaube auch, so langsam gewöhnt sich mein Körper an das Gewicht vom Rucksack und die Beschwerden sind schon einiges weniger als in den ersten Tagen.
Bin am Morgen lange durch einen Wald gelaufen, wo mir ziemlich mulmig war. Es war das erste Mal auf meiner Wanderschaft, dass ich ein flaues Gefühl im Magen hatte. Es ging eng durch einen Wald an einem Weiher und ein Haus vorbei und ich war echt froh, als der Weg wieder etwas breiter wurde und es sich auch „sicherer" anfühlte. Dann kam ein Weg durch ein riesengrosses Gelände, das sich über mehrere Kilometer erstreckte. Ich war echt dankbar um die Wegweiser der VF. Ab und zu hatte es aber bei einer Wegkreuzung auch keine, dann versuchte ich auf gut Glück eine Richtung und lief weiter bis ich wieder ein Zeichen sah. Wenn nicht, lief ich zurück und nahm die andere Richtung. Dieses Gelände nahm viel Zeit in Anspruch und heute vermisste ich zum ersten Mal mein Handy, welches ich bewusst zu Hause gelassen hatte. Was ist wenn ich mich verlaufen und den Weg nicht mehr aus dieser Wildnis finde? Fand dann zum Glück aus diesem Wirrwar von Pisten heraus und zwang mich im nächsten Örtchen, das Fucicchione hiess, meinen Füssen zuliebe, eine Stunde Pause zu machen.
Danach ging es nochmals 2 Stunden bergauf und ich kam gar nicht so fertig in San Miniato an, was mich nach einem so langen Marsch doch etwas überraschte. Suchte und fand eine Unterkunft, ruhte mich aus, schaute danach die Stadt an und ging früh schlafen.
Tagesdaten: 24 km / 6 Std.
20.06.09 Gambassi Terme
Bin wieder um 5.00 Uhr losgelaufen und musste gleich auf einen Hügel wandern, nur um oben gleich wieder nach unten zu gehen. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich gleich um den Hügel rum gelaufen. Lange ging es der Cassia (Hauptstrasse) entlang bis ich rechts in einen Feldweg Richtung Wald abbiegen konnte. Von weitem sah ich auf der vor mir liegenden Strasse etwas wedeln, bis ich kapierte, dass mir gerade ein Hund entgegenlief. Was sage ich ein Hund? Hinter diesem trotteten gleich zwei weitere hinterher. Ich blieb stehen und wartete ab, was sie machten. Als sie mich entdeckten, blieben sie auch stehen. Ich fing echt zu zittern an. Wusste nicht mehr, was ich machen sollte. In dieser Situation keine Angst zu zeigen, war ein Ding der Unmöglichkeit, also ging ich einen Schritt rückwärts. Einer der Hunde bekam das mit und fing zu knurren an. In meiner Todesangst, die ich wirklich hatte, schrie ich verzweifelt auf und fuchtelte mich meinem Wanderstock umher. Da sah ich, dass der eine Hund zusammen zuckte. Als mir das bewusst wurde, schrie ich um mein Leben. Ich machte mich so laut, dass alle drei Hunde zurückwichen und wieder zurück gingen. Nun hatte ich aber das Problem, dass ich genau in diese Richtung gehen musste! Was nun? Zurück gehen wollte ich nicht mehr, das wäre echt wieder 3 Stunden zurück laufen. Also nahm ich mein Messer hervor und gerüstet mit viel Mut, das Messer in der rechten und mein Wanderstock in der linken Hand trat ich den Weg an. Ich glaube, dass waren die aufregendsten und adrenalinreichsten Kilometer, die ich auf meinem bisherigen Weg gegangen bin! Zum Glück kamen die Hunde mir nicht mehr über den Weg.
Die heutige Strecke verlief durch wunderschöne Landschaften und nach dem Schreck mit den Hunden wurde ich mit herrlichen Bildern belohnt. Als ich dann am Nachmittag in Gabassi Terme ankam, war ich zwar müde, aber lange nicht so fertig wie auch schon.
Tagesdaten: 22 km / 5 Std.
21.06.09 San Gimignano
Bin wie schon oft um 4.00 Uhr aufgewacht und um 5.00 Uhr losgezottelt. Kaum war ich unterwegs, fing es zu regnen an. Da es noch dunkel war, setzte ich mir die Stirnlampe auf. Plötzlich stand wieder ein Hund vor mir. Dieses Mal hatte ich nicht so Angst. Wir beschnüffelten uns gegenseitig und er wunderte sich sicher, von welchem Stern ich wohl komme, da ich nur ein Auge hatte ☺ Er ging dann an mir vorbei ohne zu knurren.
Heute ging der Weg durch viele Wälder und Feldwege, sodass ich relativ schnell in San Gimignano angekommen bin.
Tagesdaten: 20 km / 5 Std.
Doch da angekommen quellte das Städtchen vor lauter Touristen über. Hab ganz vergessen, dass heute Sonntag ist und darüber hinaus feierten sie eine Art Mittelalter. Es gab viele Menschen als Ritter gekleidet, hoch zu Ross, Mägde und Knechte. Sie liefen durch das alte Gemäuer mit einem Fanfarezug im Schlepptau. Überall in den Gassen standen Leute, es war schwierig überhaupt durchzukommen. Erst wollte ich für 2 Tage ein Hotel nehmen, aber die waren alle so teuer, dass ich mich kurzentschlossen in den Bus setzte und nach Colle di Val d'Elsa fuhr. Habe hier in der hübschen Altstadt auf einem Hügel ein Zimmer für wenig Geld und wunderschönen Aussicht gefunden, wo ich mir Morgen eine Pause gönne, ohne früh aufzustehen und mit kulturellen Besichtigungen den Tag geniessen werde.
22.06.09 Colle di Val d'Elsa
Habe heute so richtig ausgeschlafen, gefrühstückt, bin runter in die Unterstadt, eine deutsche Zeitschrift gekauft und in einem Kaffe in Ruhe und Gemütlichkeit den neusten Tratsch gelesen. Dann auf Ansichtskarteneinkaufstour, im Zimmer geschrieben, da es gerade geregnet hatte und am Abend zum Abendessen und ein Glas Wein nochmals in die Unterstadt. Der Tag war gekennzeichnet durch süsses Nichtstun und hat meinem Körper so richtig gut getan.
23.06.09 Siena
Bin heute eher spät aufgestanden, habe nochmals ein feines Frühstück genossen und meine Wanderschaft fortgesetzt. Erst bin ich in Colle di Val d'Elsa umhergeirrt, bis ich den richtigen Ausgang aus der Stadt gefunden habe, fand dann aber bald einmal wieder die Wegmarkierungen der VF. Musste heute lange auf der Cassia laufen und die Auto- und Lastwagenfahrer sind nicht immer fussgängerfreundlich und nehmen Abstand. Schlussendlich kam ich 11.00 Uhr in Monteriggioni an, das von weitem wie eine Krone aussieht. Das Städtchen besteht nur aus 3 Restaurants, 1 Kirche, 1 Touristeninformation und eine Pilgerunterkunft. Monteriggioni
Die Frau die diese Unterkunft beherbergt war nur telefonisch erreichbar und die Dame vom Touristenbüro war so freundlich und rief sie an. Da sie mir sagte, ich müsse bis 15.00 Uhr warten, setzte ich mich in ein Restaurant und genoss feine Pasta und Salat. Als ich nochmals ins Touristenbüro komme, da ich dort mein Gepäck verstauen konnte, erfahre ich, dass in der Unterkunft keinen Platz mehr frei ist. So entschliesse ich mich, mit dem Bus gleich nach Siena zu fahren und dort eine Unterkunft zu suchen. Etwas ausserhalb von Siena finde ich eine Jugendherberge für wenig Geld und ich entscheide mich hier 2 Nächte zu bleiben.
Tagesdaten: 21 km / 5 Std.
24.06.09 Siena
Habe mal wieder den ganzen Tag mit süssem Nichtstun zugebracht, ausser das schöne Siena zu bewundern! Ist wirklich ein schönes Städtchen, nur leider viel zu viele Touristen. Aber ich habe ein Internet-Cafe gefunden und konnte mal wieder meine E-Mail checken und für wenig Geld mit John telefonieren. Nur haben sie dort am 2. Tag eine Razzia gemacht und für kurze Zeit meine ID konfisziert. Bin dann nicht mehr dorthin gegangen. Auf dem Rückweg zur Herberge kam ich an einer Osteria vorbei, die herrlichen Braten verkaufte, sodass ich gleich ein Stück zum Mitnehmen gekauft habe. Habe aber ziemlich viel Geld dafür liegengelassen und ich denke mal, der Verkäufer hat mich übers Ohr gehauen, aber dafür habe ich ein feines Stück Braten auf der Wanderschaft zum Essen.
25.06.09 Buonconvento
Bin wie immer früh los und habe das menschenleere Siena nochmals so richtig genossen. Dann folgte ich lange eine wenig befahrene Strasse bis ich über Felder musste. Auf einmal fand ich keinen Weg mehr, aber laut meinem Buch sollte es hier lang gehen. So ging ich halt über ein Maisfeld, das ziemlich nass war. Mit jeden Schritt klebte mehr Dreck an meinen Schuhen und zeitweise war es richtig schwierig damit zu laufen. Fand dann nach mühsamer Sumpfwanderung wieder eine Strasse und sogar einen Wegweiser der mich in das Städtchen Monteroni D'Arbia führte. Dort fand ich beim besten Willen keine Unterkunft, so entschloss ich mich mit dem Zug noch ein Stückchen weiter zu fahren nach Buonconvento. Dort ein Zimmer gefunden für 30 Euro und war glücklich und zufrieden. Dann das übliche Procedere: auspacken, duschen, waschen, ausruhen, Städtchen anschauen, etwas essen und früh ins Bett gehen.
Tagesdaten: 26 km / 7 Std.
26.06.09 San Quirico D'Orcia
Wieder um ca. 6.00 Uhr losgelaufen und hatte hauptsächlich Teerstrasse unter meinen Füssen. Erst war ich fast 8 km auf der viel befahrenen Cassio am laufen. Teilweise war es echt halsbrecherisch, wie die Autos und vor allem die Lastwagen an mir vorbeirasten! Ich merke langsam, dass es mir immer leichter fällt zu laufen. Spüre zwar noch Schmerzen in den Beinen, aber lange nicht mehr so wie zu Anfang. Es ist noch witzig, entweder meine Schuhe drücken irgendwo oder der Rucksack schmerzt auf meinen Schultern. Nie beides auf einmal, aber irgendwo bei meinem Körper bin ich während der Wanderung immer mit meiner Aufmerksamkeit. Bin relativ früh im Städtchen San Quirico D'Orcia angekommen, wo ich ein B&B gefunden habe und mein übliches Procedere abspule.
Tagesdaten: 22 km / 5 ½ Std.
27.06.09 Radicofani
Ich hab mega schlecht geschlafen, da ich gleich neben einer Bar mein Zimmer hatte und die Leute bis in die frühen Morgenstunden draussen sassen und diskutierten. Überhaupt sieht man hier die Leute viel reden, frage mich manchmal schon, was die alles zu diskutieren haben. Ging dann so um 5.00 Uhr los, auch weil ich heute eine längere Strecke vor mir habe. Erst bin ich durch das Örtchen Banjo Vignoni gelaufen, das einen ganz speziellen Rathausplatz hat. Es ist eigentlich ein Warmwasserbecken. Banjo Vignoni
Eigentlich sprudelt der Ort über von Touristen, aber dass ist halt auch der Vorteil, wenn man früh unterwegs ist. Es ist überhaupt ein wunderschöner Morgen mit herrlichen Sonnenaufgangsszenarien, die ich mit vielen Schnappschüssen versucht habe einzufangen.
Leider war heute der grösste Teil der Strecke wieder auf Asphalt und vor allem oft aufwärts. Die letzten 8 km gingen nur noch aufwärts und ich war heilfroh, endlich in Radicofani angekommen zu sein. Ich bin mega stolz auf mich, dass ich die ganze Strecke geschafft habe, die bis jetzt die Längste auf meiner Wanderung war.
Irgendwann am morgen nämlich fing es zu regnen an und ich fand aber gleich ein Bushaltestellehäuschen. Ich überlegte mir dann, ob ich den Bus nehmen soll, habe mich dann aber anders entschieden, meine Regensachen montiert, den Rucksack wetterfest gemacht und losgewandert. Es war zwar dann den ganzen Tag bewölkt, aber in Anbetracht der strengen Strecke war ich gerade froh. Kurz vor Radicofani tobte ein Unwetter, was ich zwar hörte und sah, aber noch nichts davon spürte. Erst als ich mein Hotelzimmer bezog, fing es an wie verrückt zu regnen an. Der Wettergott muss ein Pilger sein ☺. Radicofani
Im Zimmer hatte ich den Luxus eines Bades, das mir nach diesem beschwerlichen Weg gerade richtig kam!
Nach dem Ausruhen suchte ich eine Telefonkabine, fand sie auch, aber das Telefon darin war kaputt! Oje und ich habe mit John abgemacht, dass ich ihm heute Abend telefonieren würde. Ich gehe zum Touristenbüro und versuche ihr meine missliche Lage zu erklären. Doch entweder scheint sie mich nicht verstehen zu wollen oder sie versteht mich wirklich nicht. Auf alle Fälle will sie mich partout mit ihrem Telefon nicht in die Schweiz telefonieren lassen. So bleibt mir nichts anderes übrig als bis morgen zu warten und das nächste Telefon anzusteuern.
Tagesdaten: 28 km / 8 ½ Std.
28.06.09 Aquapendente
Habe diese Nacht sehr schlecht geschlafen und geträumt und bin schon um 5.30 Uhr losgelaufen, weil ich dachte, im nächsten Weiler finde ich bestimmt eine Telefonzelle. Die ersten 10 km gingen hauptsächlich abwärts und wieder durch wunderschöne Landschaften und super schöner Morgenstimmung. Als ich unten im Tal angekommen bin, war ich dann leider im Nebel. Schade, denn ich glaube, ich durchwanderte gerade Weideland mit vielen Bäumen und so wie ich es hörte auch einen Fluss. Natürlich hatte es im nächsten und übernächsten Dorf auch kein Telefon und langsam aber sicher wurde ich auf die Italiener wütend! Während der Wanderung verliess ich die Toscana und kam in die Region Lazio.In meiner Wut wanderte ich schnurstracks und ohne grössere Pause, hauptsächlich auf Asphaltstrasse nach Aquapendente, wo ich gleich die erste Telefonkabine ansteuerte und mit John telefonierte. Er hat sich wirklich Sorgen gemacht, was ich gut vestand. Danach suchte ich mir eine günstige Unterkunft und verspeiste am Abend ein „Pilgergericht", was in einem Restaurant so angepriesen war.
Tagesdaten: 27 km / 6 ½ Std.
29.06.09 Bolsano
Für meine Verhältnisse bin ich spät eingeschlafen, war aber trotzdem schon um 4.00 Uhr wach, sodass ich um 4.30 Uhr schon loswandere. Die Landschaft hatte sich total verändert. Ich nehme den Unterschied gleich war, dass ich nicht mehr in der Toscana bin. Heute musste ich nur für kurze Zeit auf Asphalt laufen, der Rest ging alles über Schotterpisten. Lange verlief der Weg durch einen Wald mit herrlichem Blick auf den Bolsanosee. Die Strecke zog sich hin, ich nahm mir Zeit und wollte, im Gegensatz zu gestern, es gemütlich angehen. Ich kam gegen Mittag in Bolsano an, ein schönes Touristenstädtchen gleich am See. Fand ein B&B, dass eine Frau Namens Carla betrieb, die mir auf anhieb sympathisch war. Sie kam mir vor wie eine Schlummermutter. Ich durfte ihre ganze Wohnung benutzen, da sie gleichentags noch nach Rom fuhr. Hatte zwar kein eigenes Bad, aber das nahm ich gerne in Kauf. Werde mich für 2 Tage ausruhen, endlich mal alle Kleider richtig waschen, am See liegen und das Städtchen geniessen.
Tagesdaten: 25 km / 6 ½ Std.
30.06.09 Bolsano
Ich habe heute meine gesamte Wäsche gewaschen, und mehr oder weniger nur am See gelegen und wieder einmal süsses Nichtstun gefrönt. Zur meiner Freude fand ich ein Internet-Cafe und kann mit John regelmässig im Kontakt sein, was ich nach so langer Zeit so richtig geniesse. Am Abend ass im am See bei herrlichem Sonnenuntergang ein feines Fischgericht. In diesen Momenten spüre ich das Alleine sein am meisten und hätte gerne ein Gegenüber, mit dem ich reden könnte.
1.07.09 Bolsano
Der heutige Tag sieht in etwas gleich aus wie gestern, ausser dass ich nicht gewaschen habe. Meine Schlummermutti kam von Rom zurück und wir sassen am Frühstückstisch und unterhielten uns mit Händen und Füssen. Sie ist sehr nett und tut mir im immerkehrenden Gefühl der Einsamkeit auf dieser Wanderung so richtig gut. Am Nachmittag bin ich wieder an den See, bis mich eine Horde Schulkinder umgab, die wahrscheinlich einen Ausflug machten. Ich hielt es kurze Zeit aus, aber der Lärm wurde so laut, dass ich die Stelle fluchtartig verliess. Am Abend verabschiede ich mich herzlich von Carla und wer weiss, vielleicht werde ich sie mal wieder besuchen kommen?
2.07.09 Montefiasco
Habe heute morgen meine Wanderroutine wieder aufgenommen und um 5.30 Uhr losgelaufen. Ein paar Stunden später war ich froh darüber so früh dran zu sein. Ich merke jetzt sehr gut, dass ich immer mehr nach Süden wandere, ist es doch schon am Morgen um 11.00 Uhr fast 30 Grad warm. Der Weg war heute sehr angenehm zu wandern, obwohl ich oft überlegen musste, in welche Richtung in gehen soll. Es hatte wenig Asphalt dafür viele Feldwege und wieder viele Hunde, die zwar schon eingesperrt waren, mich aber durch ein schlagartiges Bellen immer mal wieder erschreckten. Klar, ich sie ja wahrscheinlich auf, da ich ja auch auf leisen Sohlen daher kam. Der Blick machten sich immer wieder frei uns zeigte die herrliche Aussicht auf den Bolsanosee.
Heute ging ich auch das erste Mal auf einer alten Römerstrasse. Das war ein Gefühl! Zu wissen, auf einer uralten Strasse zu laufen, die schon die alten Römer, Händler und Päpste benutzten war echt speziell.
Später war ich dann echt froh, in Montafiasco angekommen zu sein, die Hitze wurde immer drückender. Auch dieses Städtchen war auf einem Hügel, welchen ich noch erklimmen musste, bevor ich das Touristenbüro für den Stempel im Pilgerpass aufsuchte und eine Unterkunft fand.
Tagesdaten: 25 km / 6 Std.
3.07.09 Viterbo
Heute nehme ich die letzten 100 km vor Rom unter die Füsse! Bin etwas später als sonst los, so ca. 6.30 Uhr, aber das war auch gut so, es hatte nämlich dicken Nebel. Mein Weg führte lange auf der antiken Cassia, die teilweise noch sehr gut erhalten geblieben ist. Überhaupt war es heute eine angenehme Wanderung und nur am Schluss musste ich noch ein Stück auf der Hauptstrasse laufen. Vor Viterbo kam ich an Termen mit warmem Wasser vorbei. Es gab schöne muschelförmig Badebecken, die man kostenlos benutzen durfte. Ich machte dort eine Pause, badete meine Füsse darin und sah dem bunten Treiben der meist älteren Leute zu. Viterbo
Die drückende Hitze die sich immer früher bemerkbar macht, wirkt sich auf mein Leistungsvermögen aus: ich muss öfters eine Pause einlegen. Dies wiederum führte dazu, dass ich zwar verschwitzt, aber dafür nicht so fertig in Viterbo ankam. Als ich in die Stadt einlaufe, begegne ich einer Frau, die gerade vor einem Hotel eine Zigarette raucht. Sie begrüsst mich mit: „Benvenuto Pellegrina"! So hatte sie mich als Gast auf Nummer sicher.
Tagesdaten: 26 km / 6 Std.
4.07.09 Vetralla Cura
Meine Reise ging heute erst um 6.00 Uhr, da die Frau von der Pension mir erst noch einen feinen Cappuccino machen wollte. So bin ich dann losgewandert und habe den Weg gut aus der Stadt gefunden, was ja bis jetzt manchmal nicht ganz einfach war. Vorbei an kläffenden, aber zum Glück eingesperrten Hunden, kam ich an Bilder vorbei, die Mitten in der Einode standen. Sie zeigten den Kreuzweg Christi und am Schluss der Bilderreihe gab es eine Katakombe mit einem etruskischen Grab, das ich gerne angesehen hätte. Doch leider war das Licht da untern kaputt und ich getraute mich nicht so recht, im Dunkeln nur mit meiner Stirnlampe bewaffnet in dieses Loch zu steigen. So liess ich es dann und wanderte weiter. Später musste ich lange Zeit wieder auf der Hauptstrasse laufen, aber zum Glück war es Samstag und die Strasse war wenig befahren. Ich kam gut voran, machte nur kurze Pausen und war schnell in Vetralle. Dort fand ich nach langem suchen das Touristenbüro nicht, bis mir eine freundliche Frau den Weg zeigte, aber auch gleichzeitig sagte, dass es im Moment nicht besetzt ist. Sie zeigte mir, wo es ein B&B hatte, aber als ich dort war, konnte ich mich nur telefonisch anmelden und da ich kein Telefon hatte, entschloss ich mich, ein Dorf weiterzulaufen.
Ich wanderte und wanderte durch Häuser und es kam kein Hotel mehr. Hatte schon Angst, dass ich heute keines finde, bis ich kurz vor Ende des Dorfes doch noch eines fand. Uff, war ich froh und auch ziemlich müde.
Tagesdaten: 28 km / 7 Std.
5.07.09 Sutri
Wie schon oft begann mein Tag um 5.30 Uhr und musste erst mal wieder den richtigen Weg mit den Markierungen finden, da ich ja gestern vom Weg abgegangen bin um eine Unterkunft zu suchen. Heute verlief der Weg hauptsächlich über Feldwege, die sehr angenehm zum laufen sind. Später durchlief ich stundenlang ein Riesengebiet von Haselnussplantagen. Also ich denke mal, dass die gekauften Haselnüsse von hier kommen. ☺
Als ich so im Wald laufe, hält plötzlich ein Wagen neben mir an und eine ältere Frau fragt mich ob ich auf dem Pilgerweg bin und woher ich denn komme. Als ich ihr sage, dass ich aus der Schweiz bin, strahlt sie übers ganze Gesicht und erzählt mir, sie hätte 10 Jahre in Lugano gewohnt. Sie lädt mich spontan zu einem Kaffee bei ihr ein und ich sage nach kurzer Überlegung zu. Sie nahm mich mit dem Auto zu sich und ich hatte eigentlich ein gutes Gefühl obwohl ich im Hinterkopf immer ein gewissen Misstrauen bewahrte. So wollte sie, dass ich bei ihr zu Hause meinen Rucksack im Auto liess, aber darauf liess ich mich nicht ein, war dass doch mein ganzes Hab und Gut! Es war eine nette Stunde, die ich bei ihr verbrachte. Wir unterhielten uns in Englisch und Italienisch, wobei ich selber an mir staunte, wie gut ich mich in Englisch verständigen konnte. Sie erzählte mir, dass sie Lehrerin war und in verschiedenen Ländern unterrichtete. Nun gönnte sie sich ihre Altersruhe in Italien und wohnt mit ihrem jüngsten Sohn in einer WG. Sie brachte mich mit dem Auto wieder auf meinem Weg und als ich ihr erzählte, wie weit ich schon gelaufen bin, konnte sie es fast nicht glauben. Zügig ging ich meinen Weg weiter und kam noch vor der grossen Hitze am Nachmittag in Sutri an, wo ich wie immer erst das Touristenbüro aufsuchte um meinen Pilgerpass abzustempeln.
Tagesdaten: 26 km / 6 Std.
6.07.09 Campagnano Romano
Meine Wanderung begann um 5.30 Uhr und ich kam kurz nach Sutri bei einem etruskischen Amphitheater und alten Höhlen vorbei, wo die Etrusker darin wohnten. Das war eine ganz interessante Sache und die Vorstellung in Höhlen zu wohnen war mir schon etwas fremd!
Lange musste ich dann auf der Hauptstrasse mit viel Verkehr laufen bis ich nach Montesori kam. Dort suchte ich eine Cafeteria auf und bestellte mir einen Cappuccino und feine Paninis. Erst streckte mir die Verkäuferin ein Buch entgegen, wo ich mich als Pilgerin einschreiben sollte, was ich natürlich sehr gerne tat. Dann setzte ich mich draussen hin und genoss mein Frühstück mit Musik von Bob Marley. Als ich zahlen wollte, kostete mich das ganze nur gerade 2 Euro! Ich bedankte mich herzlich bei der Frau und wanderte meinen Weg frohen Mutes weiter, obwohl ich wusste, dass ich die nächsten 8 km neben der Autobahn laufen musste.
Ich überlegte mir erst, ob ich den Bus nehmen sollte, entschied mich aber für das Weiterwandern. Einmal hupte ein Lieferwagen und ich grüsste freundlich zurück. Es kam oft vor, dass mir die Fahrer hupten, sei es, weil sie mich als Pilgerin erkannten oder vielleicht dachten sie auch, ich sei eine verirrte Verrückte und sie müssten mich wieder auf den richtigen Weg hupen. Kurze Zeit später wartete er auf der anderen Seite und wollte mich mitnehmen. Ich bedankte mich bei ihm, bedeutete ihm aber, dass ich gerne weiterlaufen will. Dies konnte er gut annehmen. Die letzten paar Kilometer vor Campagnano Romano waren wieder auf Schotterpiste, so kam ich zügig voran und fand mein Ziel und Unterkunft zu einer vernünftigen Zeit.
Tagesdaten: 25 km / 6 Std.
7.07.09 ROM!
Rom kam immer näher und ich begann meine Wanderung um 5.30 Uhr. Nach vielen Tagen das erste Mal habe ich mich ziemlich verlaufen und bis ich es merkte, hatte ich schon viele Kilometer hinter mir. Ich ging aber nicht mehr zurück und suchte mir halt einen anderen Weg in der gleichen Richtung. So fand ich nach ein paar Stunden wieder Wegmarkierungen der VF und setzte meinen Weg fort.
Da meine Reise bald zu Ende war, begann ich in Gedanken meine Wanderung nochmals zu rekonstruieren. Kurz nachdem ich gedacht habe, dass es schlussendlich mit den Hunden doch nicht so schlimm war, laufe ich an einem Haus vorbei, das mehrere Hundezwinger hat. Ein Hund bannte sich einen Weg unter dem Zaun durch und stand ziemlich aggressiv kläffend vor mir und wollte auf mich los. Mit Müh und Not konnte ich ihn mit meinem Wanderstock in Schach halten und langsam meinen Weg weitergehen, als ich im Augenwickel noch einen weiteren Hund wahrnahm. Dieser blies ins gleiche Horn wie der andere und in Duett versuchten sie mich zu schnappen. Langsam hielt ich es nicht mehr aus und ich schrie laut „aiuto" in der Hoffnung, dass mich jemand hört. Dies war echt ein schwieriger Moment und ich wusste beim besten Willen nicht mehr, wie ich hier weg kommen sollte. Irgendwann (für mich war es sicher eine Stunde, was aber eher ca. 10 Min. war) kam eine Frau und rief diese Bestien zu sich, was erst gar nicht klappte. Schlussendlich hörten sie auf die Frau und liessen mich in Ruhe.
Dieses Erlebnis stürzte mich kurz in eine tiefe Krise und ich musste heftig weinen. Ich konnte mich aber kurze Zeit später wieder fangen und ging aufgewühlt meinen Weg weiter. Lange wanderte ich durch ein Waldgebiet, was sehr schön war und plötzlich, das erste Mal seit meiner Wanderung kam mir ein Paar entgegen, welches auch am Pilgern scheint zu sein . Wir klären erst wie wir uns am besten verständigen konnten. Es stellte sich heraus, dass sie aus Mallorca kamen und von Rom nach Santiago di Compostella wanderten. Wir tauschten uns aus bezüglich Weg und Markierungen und kurze Zeit später ging jeder wieder seinen Weg. Nach dieser Begegnung musste ich weinen und plötzlich wurde mir bewusst, wie einsam ich mich fühle und wie einsam ich eigentlich schon die ganze Zeit war. Zum Glück wird mir das erst kurz vor Rom so richtig bewusst, ich weiss nicht, wie ich all die Strapazen überstanden hätte, würde ich schon früher diese Einsicht haben.
Zu guter Letzt hab ich mich dann auch noch ziemlich arg verlaufen und musste ein paar Kilometer wieder zurück, da es einfach kein Weiterkommen mehr gab. Schlussendlich kam ich in La Storta an, einen Vorort von Rom und da ich dort keine Unterkunft fand, stieg ich in den Zug und fuhr ein Stückweit Richtung Zentrum. Die letzten 15 km ging ich dann zu Fuss auf der Via Trionfale ins Zentrum von Rom.
Am 7.07.09 um 14.30 Uhr betrat ich den Petersplatz von Rom. Ein Gefühl von Stolz, Respekt, Freude und Triumph überkam mich. Rund um mich gab es lauter Touristen. Niemand wusste, was ich alles erlebt, gelaufen, gelitten und gefunden hatte.
Tagesdaten: 38 km / 8 ½ Std.
8.07.09 - 14.07.09 Rom
Die ersten zwei Tage nach meiner Ankunft verbrachte ich mit der Suche nach einer günstigen Unterkunft bis John in Rom eintraf. Ich fand eine für einen guten Preis mit Dusche, Klimaanlage und Kühlschrank! Das war für mich Luxus pur und ich genoss es in allen Zügen!
Endlich Schluss mit täglich in einem anderen Bett schlafen, Schluss mit täglich auswärts essen, das Nomadenleben hat ein Ende. Äusserliche Ruhe kehrt wieder ein, die innerliche habe ich längst schon auf meiner Wanderung gefunden.
10.09.2009 Maya Villabruna mail zur Autorin